Allgemeine Überlegungen
Medien – seien es nun Bücher, Zeitungen, Radio oder Fernsehen oder verschiedene Formen digitaler Medien – gehören heute zum Leben sowohl von Erwachsenen als auch von Kindern, unabhängig von Geschlecht, Alter sowie sozialer und kultureller Herkunft.
Mobile Endgeräte wie z. B. Smartphones oder Tablets sind für Schülerinnen und Schüler bereits in der Grundschule ganz selbstverständlich. Ab der 3. Klasse haben Schülerinnen und Schüler laut KIM Studie annähernd flächendeckend ein Smartphone oder ein anderes mobiles Endgerät zu ihrer persönlichen Verfügung. Daraus folgt für die Medienpädagogik, dass zum einen der Begriff des Jugendschutzes neu definiert werden muss und zum anderen, dass der Umgang vor allem mit digitalen Medien in allen Schulformen im Fokus der pädagogischen Diskussion steht. Die Motivation der Jugendlichen für die Nutzung der Geräte in den unterschiedlichsten Bereichen ist hoch und bietet damit die besten Lernvoraussetzungen.
Dabei geht es nicht in erster Linie um die technische Handhabung und die Formulierung von Ge- und Verboten im Umgang mit den digitalen Medien, sondern vor allem um eine umfassende Beschäftigung mit den Möglichkeiten und den sich daraus auch ergebenden Risiken auf eine kreative und spielerische Weise.
Bei medienpädagogische Projekten geht es vor allem darum, die Medien als Werkzeuge zu begreifen, sich mit ihrer Hilfe ausdrücken zu lernen und mit Bildern (Fotos, Videos), mit Musik und Texten eigene Produktionen zu schaffen. In Teamarbeit, die bei medienpädagogischen Projekten in der Schule eine grundlegende Vorgabe ist, werden in solchen Projekten alle Kompetenzen probiert und eingeübt, die in den Kerncurricula für die unterschiedlichen Schulformen aufgeführt sind:
Überfachliche Kompetenzen im Kerncurriculum für die Grund- und Sekundarstufe in Hessen
"Personale Kompetenz: Diese umfasst jene Fähigkeiten, Einstellungen und Haltungen, die es Lernenden ermöglichen, selbstbestimmt und eigenverantwortlich zu handeln. Ausgangspunkt hierfür sind eine realistische Selbstwahrnehmung, Autonomieerleben und Selbstwirksamkeit. Das Bewusstsein für eigene Potenziale ist Voraussetzung zur Entwicklung eines positiven Selbstkonzepts. Auf dieser Basis entwickeln sich ein positives Selbstbild und Selbstvertrauen. Zur personalen Kompetenz gehören auch Aspekte der Selbstregulierung wie die Fähigkeit, sich situationsangemessen zu verhalten und das eigene Handeln durch selbstgewählte Zielsetzungen zu steuern. Dies drückt sich auch darin aus, auf die eigene Gesundheit und das Wohlbefinden zu achten. (Hessisches Kultusministerium, 2011)
Bezug zu Inhalten von Medienpädagogischen Projekten:
Die schulischen Erfolgs- und Leistungsanforderungen sowohl für die Lehrerinnen und Lehrer, als auch für die Schülerinnen und Schüler erschweren oft einen offenen und gelassenen Zugang zu Lerninhalten. Der dadurch erzeugte Druck wirkt – wie in der Forschung darüber wie lernen funktioniert immer wieder zu lesen ist (Quelle!) – häufig einem positiven Selbstkonzept entgegen. Selbstwahrnehmung, Autonomieerleben und Selbstwirksamkeit werden im Umgang mit anderen und in der Arbeit im Team gefordert und gefördert. Dabei spielen Selbstregulierung und die Fähigkeit sich situationsangemessen zu verhalten eine wichtige Rolle.
(Beate Feyerabend, Medienzentrum Frankfurt)
"Sozialkompetenz: Hierbei geht es um die Fähigkeit und Bereitschaft, in sozialen Beziehungen zu leben und diese aktiv mitzugestalten. Grundlage für die Entwicklung sozialer Kompetenz ist soziale Wahrnehmungsfähigkeit. Im Miteinander bauen die Lernenden positive Beziehungen auf, entwickeln Rücksichtnahme und Solidarität und setzen sich für andere ein. Gemeinsames Arbeiten gelingt durch Kooperation und Teamfähigkeit. Bei auftretenden Spannungen setzen sich die Lernenden mit den eigenen sowie den Ansichten und Absichten anderer auseinander, suchen nach Lösungen und tragen dadurch zu einem angemessenen Umgang mit Konflikten bei. Die Lernenden übernehmen Verantwortung für sich und andere und nehmen Möglichkeiten, die Gemeinschaft mitzugestalten, wahr. So erleben sie sich als Teil eines Gemeinwesens und wachsen schrittweise in ihre gesellschaftliche Verantwortung, unter Beachtung der demokratischen Grundwerte, hinein. Auf der Basis der eigenen kulturellen Identität zeigen sie sich aufgeschlossen gegenüber anderen Kulturen und tragen so zur interkulturellen Verständigung bei." (ebd.)
Bezug zu Inhalten von Medienpädagogischen Projekten:
Die Anforderungen, die eine gemeinsame Entwicklung und Produktion z.B. eines Films an alle Beteiligten stellt, gehen weit über die Abläufe wie Erstellung eines Drehbuchs, Übernahme und Wahrnehmung von Rollen und Aufgaben, Dreharbeiten und Filmschnitt hinaus. Die unter dem Begriff „Sozialkompetenz" aufgeführten Fähigkeiten werden in einem solchen Projekt herausgefordert und gefördert. Dabei spielt das mögliche Ziel, den Film auch einer größeren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, eine wichtige Rolle für die Verantwortung der Gruppe sich selbst und den möglichen Rezipienten gegenüber. Räume für kreative Prozesse zu schaffen und zu lassen, aber gleichzeitig die Qualität der Arbeit im Blick zu haben, ist eine wichtige Anforderung vor allem für die begleitenden Pädagoginnen und Pädagogen. Dabei die nötige Gelassenheit zu bewahren, auch Szenen zu erarbeiten und zu drehen, die nachher, in der gemeinsamen Sichtung des Materials, dem Schnitt „zum Opfer" fallen müssen ist ein nötiger, häufig aber auch witziger und komischer Teil der Arbeit am eigenen Film. (ebd.)
"Lernkompetenz: Sie zeigt sich in der Fähigkeit, variable Anforderungssituationen und Aufgaben mithilfe geeigneter Strategien und Arbeitsmethoden zu erschließen sowie den Lern- und Arbeitsprozess als solchen wahrzunehmen und seine Ergebnisse reflektieren zu können (metakognitive Kompetenz). Problemlösekompetenz zeigt sich darin, Probleme zu analysieren, (alternative) Lösungswege zu planen und letztlich Entscheidungen zu treffen. Arbeitskompetenz ermöglicht es, einen Arbeitsplan zu erstellen und diesen dann schrittweise umzusetzen. Die Entwicklung der Lernkompetenz vollzieht sich im Aufbau altersgemäßer Modelle des „Lernen Lernens" und eines in dieser Perspektive zunehmend selbstständigen Arbeitens. Ein planvolles Vorgehen und eine angemessene Zeiteinteilung bei der Bewältigung von Aufgaben sind Ausdruck dieses Prozesses. Zur Lern- und Arbeitskompetenz gehört in diesem Zusammenhang unverzichtbar die Dimension der Medienkompetenz. Der Einsatz unterschiedlicher Medien und elementarer technischer Anwendungen, der Einsatz von Medien zur Information und Präsentation sowie eine kritische Mediennutzung schaffen die Voraussetzung, um in der heutigen Informations- und Mediengesellschaft kompetent und verantwortungsvoll zu handeln." (ebd.)
Bezug zu Inhalten von Medienpädagogischen Projekten:
Schülerinnen und Schüler, aber auch Lehrerinnen und Lehrer haben aufgrund der Bilderwelten, die ihnen über die Medien präsentiert werden, hohe Anforderungen an die Qualität und die Ausführung von Filmbildern. Strategien und Arbeitsmethoden für eine Filmproduktion zu suchen und alternative Lösungswege zu finden um sowohl den Vorstellungen, als auch den Möglichkeiten gerecht zu werden, ist ein Lernprozess für alle an einem medienpädagogischen Projekt Beteiligten. Planvolles Vorgehen wechselt sich hier mit spielerischen Phasen von Versuch und Irrtum ab. Dabei wird sowohl das „Lernen lernen", mit, durch und über Medien, als auch eine reflektierte Problemlösungskompetenz geübt. Medienpädagogische Projekte bieten hierbei für alle Altersstufen eine jeweils angemessene Möglichkeit der Auseinandersetzung. (ebd.)
"Sprachkompetenz: Im Rahmen der Entwicklung von Sprachkompetenz kommt dem Aufbau und der Sicherung der Lesekompetenz sowie der Schreibkompetenz im Hinblick auf eine adressatenbezogene und sachgerechte mündliche und schriftliche Sprachverwendung eine besondere Bedeutung zu. Ohne ein angemessenes Leseverständnis sind erfolgreiche Lernprozesse auf Dauer nicht möglich. Lesekompetenz zeigt sich in der Fähigkeit, altersangemessenen Texten/Medien Informationen zu entnehmen, diese zu verstehen und in ihrem jeweiligen Kontext zu bewerten sowie Schlussfolgerungen ziehen zu können." (ebd.)
Bezug zu Inhalten von Medienpädagogischen Projekten:
Alphabetisierung von Bilderwelten ist noch vor dem Erwerb der Lesekompetenz, eine wichtige Fertigkeit. Das bedeutet zuerst einmal im gesprochenen Wort für die Anderen beschreiben zu können, was jeder und jede sieht – z.B. beim Vorlesen oder Lesen einer Geschichte – um dann, die Bilder eines Bilderbuches oder die Filmbilder zu einer Geschichte anzusehen und zu einem erweiterten Blick den eigenen Bildern und denen der Anderen hinzuzufügen. Daraus ergibt sich für die Entwicklung einer Filmgeschichte in der Gruppe ein mögliches Beispiel der Vorgehensweise um von der Themenfindung, bis hin zum Inhalt der Geschichte die Bilder und Texte aller Beteiligten zu einer gemeinsamen Geschichte zusammenzufügen. (ebd.)
"Mit Schreibkompetenz erschließt sich den Lernenden die Möglichkeit, Gedanken schriftlich festzuhalten und zu kommunizieren; schrittweise lernen sie, Schreibformen zu unterscheiden, Schreibstrategien einzusetzen und Schreibnormen zu beachten. Kommunikationskompetenz setzt voraus, sich verständlich, an der Standardsprache orientiert, auszudrücken und sich an Gesprächen konstruktiv zu beteiligen. Die Lernenden entwickeln zunehmend die Fähigkeit, Kommunikations- und Interaktionssituationen aufmerksam wahrzunehmen und zu verfolgen. Dabei lernen sie, Rede- und Gesprächsformen zu unterscheiden und Rede- und Gesprächsstrategien anzuwenden." (ebd.)
Bezug zu Inhalten von Medienpädagogischen Projekten:
Je nach Alter und Möglichkeiten der Schülerinnen und Schüler ist die gemeinsame Erarbeitung einer Geschichte in schriftlicher Form wichtig und sinnvoll. Dabei kann auch die Vorlage einer Geschichte von einzelnen Schülerinnen und Schülern, die dann in der Gruppe besprochen und eventuell bearbeitet wird, eine gute Vorgehensweise sein. Die o.g. Kompetenzen werden dabei sowohl über die Form und das Genre einer Geschichte, als auch durch das Gespräch in der Gruppe umgesetzt.
In anderen Formen von Medienpädagogischen Projekten wie z.B. der Produktion einer Nachrichtensendung stehen Lese- und Schreibkompetenzen in einem weit größeren Maß im Mittelpunkt der Arbeit und werden in intensiverer Weise gelernt und geübt. (ebd.)
Wozu Medienpädagogische Projekte in der Schule?
Außerhalb des sowohl inhaltlich als auch zeitlich reglementierten Unterrichts – und doch in einem Rahmen, der die schulischen Regeln nicht außer Kraft setzt – ergibt sich ein Lernraum (z. B. in Hortgruppen und Vereinen oder auch bei informellen Treffen mit Freundinnen und Freunden) der mit dem Lernraum Schule vernetzt werden kann.
Medienpädagogische Projekte in der Schule, in Projektwochen, Nachmittags-AG's, aber auch im Unterricht bieten Möglichkeiten des umfassenden Lernens über das hinaus, was Schule in ihrer derzeitigen Form im Alltag leisten kann.
Medienpädagogische Projekte sind im Unterschied zu anderen Projekten der Kulturellen Bildung relativ unabhängig von der sozialen, kulturellen oder auch religiösen Herkunft der Schülerinnen und Schüler. Der Umgang mit digitalen Medien verbindet (fast) alle Kinder und Jugendlichen weltweit.
Durch das Lernen mit, durch und über Medien, bei medienpädagogischen Projekten ganz selbstverständlich mit dabei ist, ergeben sich zwanglos Fragestellungen und Überlegungen, die sich im regulären Unterricht so nicht stellen würden oder, weil sie häufig „künstlich" und ohne einen direkten lebenspraktischen Bezug behandelt werden, nicht wirklich diskutiert und gelöst werden können.